Der
Functional Movement Screen (FMS) ist eines der Standardmessinstrumente, mit
denen ich unsere Athleten vor dem Beginn eines Trainingsprogramms screene.
Eines
der häufigeren Probleme, die der FMS aufdeckt, ist eine eingeschränkte
Mobilität in der Hüftbeugung mit gestrecktem Bein (Active Straight Leg Raise).
Dabei liegt der Athlet mit ausgetreckten Beinen auf dem Rücken und hebt ein
Bein soweit wie möglich an, ohne dabei das Bein anzuwinkeln, oder die Hüfte
bzw. das andere Bein vom Boden abzuheben. Je nachdem, wie weit der Athlet das
Bein hierbei anheben kann, lässt sich eine Einschränkung der Mobilität erkennen.
Alternativ
lässt sich dies auch einfach über den Toetouch messen. Das ist der Versuch, mit
den Fingern, bei gestreckten Beinen seine Zehenspitzen zu berühren.
Liegt
bei einem Athleten eine Einschränkung vor, kann dies verschiedene Ursachen
haben, führt meist aber zu den gleichen Problemen beim Training. Unter anderem kann der Athlet Probleme haben mit geradem Rücken in die tiefe Kniebeuge zu gehen. Stattdessen rollt sich die Hüfte ab einem gewissen Punkt ein und führt zu einem runden unteren Rücken (Buttwink). Oder der Athlet kommt beim Kreuzheben nicht weit genug herunter, um die Stange mit geradem unteren Rücken zu greifen.
Die
Ursachen hierfür können z. B. sein:
- Eine verkürzte Beinbeugemuskulatur
- Eine inaktive Gluteusmuskulatur
- Nicht ausreichende Aktivierung der
Rumpfmuskulatur
- Der Athlet beherrscht das
Bewegungsmuster des „Hiphinges“ nicht
Natürlich
kann die Ursache auch bei mehreren der genannten Gründe liegen. Das Korrigieren
einer der Ursachen verbessert meist aber auch gleichzeitig die anderen, da
alle diese Faktoren in der gleichen Bewegungskette ineinander spielen.
Verkürzte
Beinbeugemuskulatur:
Die
Beinbeugemuskulatur (ischiocrurale Muskulatur) gehört zu den tonischen Muskeln.
Das bedeutet, dass sie bei Inaktivität zur Verkürzung neigt. Das schränkt die
Bewegungsamplitude des Athleten entsprechend ein.
Ein
Training über die volle Bewegungsamplitude hilft nach meiner Erfahrung am
besten, um die Muskulatur wieder auf die notwendige Länge zu bekommen. Übungen
wie Romanian Deadlifts, Glute/Ham-Raises oder Hipthrusts am Kabelzug etc.
funktionieren hierfür ausgezeichnet. Auch regelmäßiges Dehnen kann für eine
Verbesserung sorgen.
Nach
meiner Erfahrung besteht die Verkürzung der Beinbeuger oft nur auf neuronaler
Ebene. Das bedeutet, dass der Körper aufgrund der Inaktivität verlernt hat, die
Muskelgruppe entsprechend über die volle Länge anzusteuern. Dies lässt sich ebenfalls mit den
genannten Übungen innerhalb von kurzer Zeit verbessern.
Obwohl
diese Ursache in der Regel die naheliegende ist und die meisten Menschen ihr
Problem an dieser Stelle suchen, so sind die anderen drei genannten Punkte für mich die
häufiger auftretenden. Daher führt bei den meisten Menschen auch regelmäßiges
Dehnen der Beinbeuger zu keiner wirklichen Besserung der Probleme.
Inaktive
Gluteusmuskulatur:
Die
Gluteusmuskulatur (Pomuskulatur) ist dafür zuständig, die Hüfte zu strecken und das Becken
aufzurichten. Durch ständiges Sitzen sind diese Muskeln bei vielen Menschen abgeschwächt.
Gleichzeitig bewirkt langes Sitzen eine Verkürzung des Hüftbeugers. Dadurch
wird das Becken nach vorne gekippt, was ein übertriebenes Hohlkreuz (Hyperlordose)
bewirkt. Da die Beinbeugemuskulatur ihren Ursprung am Becken hat, wird diese
durch das nach vorne gekippte Becken gedehnt und bewirkt dann die gleichen Symptome
wie verkürzte Beinbeuger.
Durch
das Aktivieren und Stärken der Gluteusmuskulatur kann das Becken wieder in
eine neutrale Position gebracht werden und gibt den Beinbeugern ihre
ursprüngliche Bewegungsamplitude zurück.
Als
Beispiel hier zwei Übungen, die ich zum Aktivieren der Gluteusmuskulatur
verwende:
Hüftheben:
Beinheben in Bauchlage:
Bei beiden Übungen bekommt der Athlet in der Regel ein recht gutes Feedback, da er selbst spürt, ob die Gluteusmuskulatur arbeitet, oder stattdessen eine andere Stelle des Körpers die Arbeit übernimmt. Ein Krampf in den Beinbeugern oder ein Brennen im unteren Rücken weisen dabei direkt auf eine zu geringe Mitarbeit der Gluteusmuskulatur hin. Die beiden Übungen funktionieren daher sowohl als Test als auch zur tatsächlichen Aktivierung.
Bei beiden Übungen bekommt der Athlet in der Regel ein recht gutes Feedback, da er selbst spürt, ob die Gluteusmuskulatur arbeitet, oder stattdessen eine andere Stelle des Körpers die Arbeit übernimmt. Ein Krampf in den Beinbeugern oder ein Brennen im unteren Rücken weisen dabei direkt auf eine zu geringe Mitarbeit der Gluteusmuskulatur hin. Die beiden Übungen funktionieren daher sowohl als Test als auch zur tatsächlichen Aktivierung.
Aktivierung der
Rumpfmuskulatur:
Dass
fast alle Bewegungen im Körper auf verschiedenste Weise zusammenhängen, zeigt
auch die Rolle der Rumpfmuskulatur bezogen auf die Beweglichkeit der
Beinbeugemuskulatur. Häufig lässt sich nämlich der Active Straight Leg Raise
bereits durch einfache Übungen zum Aktivieren der Rumpfmuskulatur deutlich
verbessern. Wer Probleme hat, beim Toetouch den Boden zu berühren, kann gerne
einmal versuchen, während der Übung ein Handtuch zwischen den Knien fest einzuklemmen. Die hieraus entstehende Körperspannung hilft vielen Athleten
bereits, weiter herunter zu kommen und gibt einen Hinweis darauf, an welcher
Stelle das Problem liegen könnte.
Eine
einfache Übung, die ich im Rahmen des Warmups mit allen Athleten, die Probleme in diesem Bereich haben, durchführe, ist der Kettlebell Legraise.
Die
Übung kombiniert die Aktivierung der Rumpfmuskulatur mit der gleichzeitigen
Mobilisation der Beinbeugemuskulatur.
Für
ausführliche Informationen zum Thema Rumpftraining empfehle ich meine
dreiteilige Artikelserie über einen stabilen Rumpf: Teil 1, Teil 2, Teil 3.
Hiphinge:
Um
beispielsweise beim Toetouch mit den Fingerspitzen zum Boden zu kommen, ist
nicht nur eine ausreichende Beweglichkeit notwendig, sondern auch die richtige
Ausführung des so genannten „Hiphinge“ ist wichtig. Darunter versteht man die
Vor- und Zurückbewegung des Beckens aus dem Hüftgelenk heraus, wie dies z. B.
beim Kreuzheben nötig ist. Einfach gesagt: beim Toetouch verlagert sich durch
das Vorbeugen des Oberkörpers der Körperschwerpunkt nach vorne. Um dabei nicht
umzukippen, muss das Becken nach hinten geschoben werden, um das Gleichgewicht
halten zu können. Wer diese grundlegende Bewegung nicht beherrscht, kommt in
der Regel auch nicht bis zum Boden, da er ansonsten umkippen würde.
Immer
wieder haben allerdings selbst Leistungssportler, die zu mir kommen, Probleme
mit diesem Bewegungsmuster.
Als
einfache Übung, um den Hiphinge beizubringen, verwende ich z. B. den „Po zur
Wand Drill“:
Als
aufbauende Übung hierzu eignet sich unter anderem auch das Kreuzheben mit
gestreckten Beinen. Dabei hält der Athlet eine Langhantelstange vor dem Körper
und lässt diese mit geradem Rücken und gestreckten Beinen an seinen
Oberschenkeln hinuntergleiten. Damit die Stange nicht den Kontakt zu den Beinen
verliert, ist ein korrekter Hiphinge notwendig. Ein wenig Gewicht auf der Stange
hilft dem Athleten in der Regel, ein besseres Feedback während der Übung zu
bekommen.
Ich
hoffe, dass diese Infos euch helfen, eventuelle Probleme mit vermeintlich
verkürzten Beinbeugern in den Griff zu bekommen. Ich würde mich freuen, wenn
ihr den Artikel teilt oder mir einen kurzen Kommentar hinterlasst.
Weitere
Informationen zum Training der Beinbeuger findet ihr auch in meinem Artikel: „Rehabilitieren von Beinbeugerverletzungen“
Vielen Dank für den informativen Beitrag.
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