Samstag, 29. November 2014

Schulterprobleme entstehen nicht zwangsläufig in der Schulter – Teil 2

In Teil 1 des Artikels habe ich verschiedene Probleme beschrieben, die zu Schmerzen in der Schulter führen können.
Oft ist die Schulter nur das schwächste Glied in der Kette, an der sich die Symptome letztendlich zeigen. Die Ursache liegt allerdings häufig schon weiter vorne in der Bewegungskette versteckt.


Um diese nun zu beheben, möchte ich das Problem noch ein bisschen genauer aufschlüsseln, damit wir verstehen, was hier im Körper passiert. Schauen wir uns daher die richtige Bewegung des Schulterblattes, bei allen Bewegungen, in denen der Arm über den Kopf hinaus gehoben wird, wie z. B. beim Werfen, genauer an.

Damit wir den Arm komplett über den Kopf anheben können, bewegt sich nicht nur der Arm in der Schulterpfanne. Es ist ein Zusammenspiel von mehreren Gelenken notwendig. Unter anderem ist die Position des Schulterblattes extrem wichtig. Wird der Arm um 180° angehoben, bewegt sich der Oberarm in der Schulterpfanne um ca. 120°. Die verbleidenden 60° entstehen aus der Aufwärtsrotation des Schulterblattes.

Wie im 1. Teil beschrieben, kommt es bei vielen Athleten aus Überkopfsportarten dazu, dass das Schulterblatt nicht komplett mit dem Oberarmkopf zusammen nach oben rotiert, da es durch überdominante Muskeln oder falsch eingeschliffene Bewegungsmuster in die Abwärtsrotation gezogen wird.

Für diese Abwärtsrotation ist wie bereits beschrieben ein zu dominanter Latissimus dorsi mitverantwortlich. Außerdem an der Bewegung beteiligt sind der Levator Scapulae (Schulterblattheber) sowie der Rhomboideus (Rautenmuskel).
Für die Aufwärtsrotation des Schulterblattes verantwortlich sind hingegen der obere und untere Teil des Trapezius (Trapezmuskel) sowie der Serratus Anterior (vorderer Sägemuskel).

Nachdem wir diese Zusammenhänge kennen, können wir uns einige Übungen anschauen, mit denen wir an diesen Problemen arbeiten können.

Die Übungen sind nach aufsteigendem Schwierigkeitsgrad geordnet.

Wallslides mit Shrug


Die Unterarme bleiben durchgehend in Kontakt zur Wand. Sobald die Ellbogen höher als die Schultern sind, „shruggen“ die Schulterblätter aktiv mit nach oben.


Y’s an der Wand


Leicht in die Knie gehen, damit der untere Rücken, die Schultern und der Kopf komplett Kontakt zur Wand haben. Dann die Arme gestreckt vor dem Körper anheben. Die Daumen sollten hierbei bis zur Wand kommen, ohne dass die Arme angewinkelt werden müssen. Die Schultern sollen hierbei den gesamten Weg mit nach oben gehen. Die Bewegung kommt also nicht nur aus den Armen. In der Endposition sollten die Arme ein Y bilden. Hierbei Rumpfspannung halten, damit die Rippen gut gesetzt bleiben. Die Arme nur soweit heben, wie diese Position gehalten werden kann. Verliert der Kopf oder der untere Rücken Kontakt zur Wand, weicht der Körper aus, um fehlende Mobilität in der Schulter zu kompensieren.


1 Arm Y’s in Bauchlage




Da diese Übung viel Konzentration auf das richtige Körpergefühl erfordert, arbeiten wir immer nur mit einem Arm gleichzeitig.
Der Arm wird durch das Schulterblatt im 135° Winkel nach oben gezogen. Dabei bleiben die Arme ausgestreckt. Hierbei sollte der Latissimus nicht mitarbeiten.
Wenn ihr die Übung richtig macht, sollte die Übung um das Schulterblatt herum anstrengend sein, nicht im Arm selbst.


Überkopfshrug


Die Arme bleiben überkopf ausgestreckt. Rumpfspannung halten und nur aus den Schulterblättern nach oben drücken. Denke Schultern zu den Ohren. Der Kopf darf dabei nicht nach vorne geschoben werden. Wenn die Bewegung sauber klappt, kann die Übung auch mit einer normalen Langhantelstange ausgeführt werden.
Normale Shrugs sind im Gegenzug eher kontraproduktiv, da der Levator Scapulae zu stark mitarbeitet und somit das Problem eher noch verstärkt.


1 Arm Kettlebelldrücken


Rumpfspannung halten und den Po aktiv anspannen. Die Rippen bleiben die ganze Zeit gut gesetzt. Wie beim Überkopfshrug gehen die Schulterblätter den ganzen Weg mit nach oben (Schultern zu den Ohren).


Dazu noch zwei Übungen, um einen überdominanten Latissimus zu dehnen. Auch dies hilft vielen Athleten, die Beweglichkeit zu verbessern.

Latstretch Foamroller


Handfläche zeigt nach oben. Nach vorne rollen und dabei den Oberkörper absenken, bis man einen guten Stretch im Latissimus spürt.


Latstretch auf Bank


Während des Ausatmens langsam in den Stretch gehen. Dabei gleichzeitig den Stab hinter den Kopf nehmen, um den Stretch noch zu verstärken. Diese Übung kann auch zu einer Dehnung im Trizeps führen.


Dies ist natürlich nur eine kleine Auswahl an Übungen, mit deren Hilfe wir die richtigen Bewegungsmuster schulen und trainieren können. Aber ich denke, ihr seht das Prinzip hinter den Übungen und könnt so selbst entscheiden, welche Übungen den gewünschten Effekt bringen und welche nicht.

Zusätzlich sollten wir auch noch darüber sprechen, welche Übungen bei den beschriebenen Problemen eher kontraproduktiv sind.
Alle Übungen, bei denen die Schultern in die Abwärtsrotation oder in Depression gezogen werden, sind dabei etwas mit Vorsicht zu genießen. Hierzu zählen beispielsweise Klimmzüge, Kreuzheben und alle Übungen, in denen viel Gewicht in den Händen gehalten wird (Farmer Carries, Ausfallschritte mit Kurzhanteln etc.). Achtung! Ich sage nicht, dass diese Übungen grundsätzlich schlecht sind. Alle aufgezählten Übungen sind großartig und ich verwende sie in vielen meiner Trainingsprogramme. In extremen Fällen sollte der Athlet aber eventuell diese Übungen für einige Zeit aus seinem Plan streichen bzw. etwas zurück fahren. Zumindest bis das Problem halbwegs beseitigt ist.

Auch alle Übungen bei denen Gewicht über den Kopf gedrückt wird, sind wohl nicht die schlauste Wahl, wenn man bereits weiß, dass der Arm nicht sauber über den Kopf gehoben werden kann. Der Oberarmkopf befindet sich dann zwangsläufig in einer ungünstigen Position.


Gerade nach der Saison treten die Probleme bei Wurfsportlern sowie Athleten aus anderen Überkopfsportarten (z. B. Schwimmer) verstärkt auf. Die einseitige Belastung während der Saison fordert hier ihren Tribut. Daher verwende ich die gezeigten Übungen mit allen diesen Sportlern, gerade am Beginn der Offseason, um die entstanden Dysbalancen wieder zu korrigieren und die Athleten in eine gute Ausgangsposition für weiteres Training und die nächste Saison zu bringen.

2 Kommentare:

  1. Wie oft und wieviele WDH würdest du pro woche empfehlen?
    3x die woche? Wieviel Sätzte wieviel wdh :)

    Sehr guter artikel weiter so

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  2. Die Mobilisierungsübungen können im Prinzip jeden Tag durchgeführt werden. Bei den anderen würde ich 2 - 3 mal pro Woche empfehlen. Von den Sätzen/Wiederholungen arbeite ich normal mit 3 x 6 - 8 Wdh. Bei höheren Wiederholungszahlen geht nach meiner Erfahrung die Konzentration der Athleten stark zurück. Da die Übungen leicht falsch ausgeführt werden können, leidet dann die Qualität der Ausführung zu schnell.

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