Dienstag, 31. März 2015

Richtiger Umgang mit Verletzungen aus der Sicht des Trainers

Verletzungen sind leider ein fester Bestandteil im Leistungssport. Dies können Verletzungen aufgrund von Überlastung genauso wie Verletzungen durch ein einmaliges Trauma sein.
In jedem Fall stellt eine Verletzung eine Herausforderung für den Verein, die Trainer und vor allem für den betroffenen Athleten dar. Genau darum geht es in diesem Artikel. Ich gehe nicht auf spezifische Verletzungen ein, sondern möchte allgemein einige wichtige Punkte behandeln und Tipps geben, wie man am besten mit Verletzungen umgeht und den verletzten Athleten bestmöglich unterstützt, dass dieser so schnell wie möglich in den Wettkampf zurückzukehren kann.

Die wichtigste Regel sollte immer sein: „Der Athlet steht im Mittelpunkt!“

Außer dem Athleten selbst gibt es meist noch andere Parteien, die an einer schnellen Rückkehr des Spielers interessiert sind. Den Verein des Spielers kostet der Ausfall eines Sportlers, zumindest im Profisport, viel Geld. Er will den Athleten daher so schnell wie möglich wieder auf dem Spielfeld sehen. Auch der Trainer hat oft ein großes Interesse, einen potentiellen Leistungsträger schnellstmöglich wieder einsetzen zu können, um erfolgreich zu sein. Diese Interessen haben allerdings nicht immer nur die Gesundheit des Spielers im Sinn, sondern sind von ganz eigenen Interessen getrieben.
Als Strength & Conditioning Coaches stellen wir in der Regel ein Bindeglied zwischen Trainern/Verein und der medizinischen Abteilung bzw. Ärzten dar. Es gehört daher zum Job, die Erwartungen nicht nur des betroffenen Athleten, sondern auch von Trainern und Vereinen zu managen.

Zunächst einmal muss man sehen, in welchem Umfeld man als Trainer arbeitet. Arbeitet man im Profisport mit einer eigenen medizinischen Abteilung oder hat man es mit Hobbysportlern zu tun? In jedem Fall sind mehrere Personen im Rehabilitätsprozess involviert. Um eine bestmögliche Heilung zu gewährleisten, ist es von höchster Wichtigkeit, dass alle eingebundenen Personen gut zusammenarbeiten. Eine enge Absprache zwischen Trainern, Ärzten, Physiotherapeuten und Athleten ist unumgänglich.
Dies beginnt bereits bei der Diagnose. Wenn der Athlet sieht, dass alle Beteiligten auf der gleichen Linie liegen und keine widersprüchliche Aussagen zur Verletzung oder zur Rehabilitation geben, fällt es ihm leichter, sich auf die Rehamaßnahmen einzulassen und sich gut aufgehoben zu fühlen. Dieser Punkt ist entscheidend für eine erfolgreiche Reha und darf nicht unterschätzt werden.

Psychische Folgen einer Verletzung

Ebenso wenig sollte man die psychischen Folgen einer Verletzung unterschätzen. Eine Verletzung fühlt sich für den Athleten immer auch nach einem Rückschritt in seiner Karriere an. Besonders hart ist es, wenn der Sportler durch seine Verletzung wichtige Wettkämpfe verpasst, auf die er möglicherweise bereits seit langer Zeit hingearbeitet hat. Auch wiederholte Verletzungen können sich schnell auf das Gemüt des Athleten legen. Nicht wenige Karrieren sind schon daran gescheitert, dass ein Sportler nach einer Serie von Verletzungen einen mentalen Knacks abbekommen hat und nicht mehr zu seinem alten Niveau zurückkehren konnte.
Daher ist es wichtig, dem Athleten von Anfang an positiv entgegenzutreten. Der Sportler macht sich in der Regel selbst schon viel Druck so schnell es geht wieder fit zu werden. Zusätzlichen Druck von außen auf den Spieler auszuüben oder ihm ein schlechtes Gewissen einzureden, warum er nicht schneller wieder wettkampffähig ist, ist nur in den seltensten Fällen hilfreich.
Besser ist es, den Athleten auf positive Weise zu unterstützen und ihm Möglichkeiten aufzuzeigen, wie er trotz Verletzung besser werden kann, anstatt ihm nur seine Limitierungen vorzuhalten.

Verletzung als Chance sehen

So ärgerlich und frustrierend eine Verletzung auch immer für den Athleten ist, bietet sie doch immer auch eine Chance. Gerade während einer Saison steht der Wettkampf an erster Stelle. Als Trainer kann man in der Regel nie alle Bereiche mit einem Athleten trainieren, die man gerne abdecken würde. So muss man immer einen Kompromiss eingehen und Bereiche vorziehen, die zum aktuellen Zeitpunkt gerade Priorität haben. Hierdurch bleiben oft Trainingsinhalte auf der Strecke. Ebenso ist es nur schwer möglich, während einer Saison muskuläre Dysbalancen anzugreifen oder Fehler in Bewegungsmustern zu korrigieren.
Die Zwangspause durch eine Verletzung bietet hier die Möglichkeit, diesen Bereichen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Es gibt dem Athleten die Chance, sogar mit besseren athletischen Fertigkeiten aus der Verletzung zurückzukommen, als er sie zuvor hatte.
Ebenso kann trotz Verletzung gut an taktischen Fähigkeiten (z. B. mit Videoanalyse) gearbeitet werden.

Rückkehr in den Wettkampf

Ist eine Verletzung letztendlich ausgeheilt, muss man immer noch zwischen Sportfreigabe und der Freigabe zum Wettkampf unterscheiden.
Auch wenn die verheilten Strukturen wieder voll belastet werden dürfen, muss der Athlet auch die nötige Sicherheit finden, dass er tatsächlich komplett einsatzfähig ist.
Der Sportler benötigt je nach Verletzung die Zeit sich an seine volle Leistungsfähigkeit heranzutasten. Solange er sich noch nicht sicher fühlt, wird er immer mit angezogener Handbremse unterwegs sein. Als Trainer erkennt man dies unter anderem an übervorsichtigen, unrunden Bewegungen.
Die Angst vor einer erneuten Verletzung spielt dabei eine große Rolle. Die Selbstwahrnehmung des Sportlers ist hierbei noch gestört. Ein gut geplanter und auch gut kommunizierter Rehaplan kann dem Sportler hierbei nötige Sicherheit geben. Ansonsten muss man dem Sportler einfach ausreichend Zeit geben.


Jede Verletzung ist sehr individuell und für den betroffenen Athleten immer ein Schicksalsschlag. Je besser alle beteiligten Personen zusammenarbeiten und dem Spieler das Gefühl geben, in guten Händen zu sein, desto besser läuft in der Regel die Heilung und desto schneller kann der Sportler zurück in den Wettkampf geführt werden.

1 Kommentar:

  1. ...bleibt nur, jedem verletzten Sportler zu wünschen, dass er auf so gleichermaßen professionelle und einfühlsame Weise auf seinem Weg der Genesung begleitet wird.

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