Als
Strength and Conditioning Coach im Baseball liegt einer meiner Hauptfokuspunkte
auf der Gesundheit der Schulter. Denn wenn ein Spieler nicht werfen kann, kann
er kein Baseball spielen. Die Schulter ist eines unserer beweglichsten Gelenke
und bei einem Wurfsport wie Baseball gleichzeitig auch eines der am meisten
beanspruchten. Gerade die gute Beweglichkeit macht die Schulter sehr
empfindlich. Die Schulterpfanne ist im Verhältnis zum Oberarmkopf relativ klein
und kann nur wenig Stabilität geben. Die Aufgabe, den Arm in der Schulterpfanne
zentriert zu halten, übernimmt daher hauptsächlich die Muskulatur.
Wenn
man sich die recht kleinen Muskeln der Rotatorenmanschette anschaut, die den
Oberarmkopf hierbei halten, versteht man, warum diese möglichst optimal
arbeiten sollten.
Einen
verhältnismäßig leichten Gegenstand wie einen Baseball zu werfen, ist die
schnellste Bewegung, die der Mensch willentlich erzeugen kann. Bei den besten
Pitchern (Werfern) im Baseball entstehen am Punkt der größten Beschleunigung
Winkelgeschwindigkeiten von ca. 8500° pro Sekunde. Anders ausgedrückt bedeutet
das, dass der Arm, gäbe es keine Begrenzung, ca. 24 mal in der Sekunde in der
Schulterpfanne rotieren würde.
Diese
Geschwindigkeiten üben einen extrem hohen Stress auf die Schulter aus. Die
meisten Wurfverletzungen entstehen daher beim Abbremsen dieser enormen
Beschleunigung, nachdem der Ball die Hand verlassen hat. An diesem Punkt fällt
der Widerstand durch den Ball plötzlich weg und der Körper muss die verbliebene
Energie des Wurfes abfangen. Arbeitet der Körper dabei nicht wie eigentlich
vorgesehen, bleibt ein Großteil dieser Bremsarbeit an der Schulter hängen. Man
kann sich vorstellen, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann.
Um
die Schulter auf diese Belastung bestmöglich vorzubereiten, trainieren wir
daher gezielt die vier Muskeln der Rotatorenmanschette (Supraspinatus,
Infraspinatus, Subscapularis und Teres minor). Diese haben unter anderem die
Aufgabe den Oberarmkopf in der Schulterpfanne zu zentrieren. Je besser sie
diese Aufgabe erfüllen, desto besser findet der verhältnismäßig große
Oberarmkopf Stabilität in der kleinen Schulterpfanne.
Aber
nicht nur die Rotatorenmannschette selbst ist für einen guten Stand und die
Stabilität der Schulter zuständig. Die Muskeln der Rotatorenmanschette entspringen
alle am Schulterblatt. Daher muss auch das Schulterblatt selbst gut stehen. Was
wir häufig bei Athleten beobachten ist, dass die Schulterblätter vom Brustkorb
abstehen (auch Winging bzw. Tipping genannt, siehe Bild). Dies zeigt sich auch
in den oft nach vorne gerollten Schultern vieler Wurfsportler. Auch ein
Höhenunterschied der beiden Schulterblätter tritt häufig auf. Die Wurfschulter
steht dabei in der Regel tiefer als die der Nichtwurfseite.
Ein
Hauptaugenmerk liegt daher auch auf dem Training und der gezielten Aktivierung der
Muskeln, die für die Position des Schulterblattes verantwortlich sind.
Für
einen reibungslosen Ablauf muss sich das Schulterblatt über die komplette Wurfbewegung
sauber mitbewegen.
Diese
Bewegung kann allerdings durch überdominante oder nicht ordentlich
mitarbeitende Muskeln gestört werden. Dies lässt sich z. B. durch langsames
aktives Heben und Senken der Arme erkennen. Hier sieht man ob das Schulterblatt
während der Bewegung an einer bestimmten Position stecken bleibt oder springt.
Solche
Dysfunktionen erhöhen den Stress an anderen Stellen der Schulter, die die
falsche bzw. fehlende Bewegung kompensieren müssen.
Im
Schultergelenk geht es sehr eng zu. Eine Vielzahl an Muskeln setzen hier an
oder laufen durch das Schultergelenk hindurch. Stehen die Schulterblätter oder
der Oberarmkopf nicht richtig, reicht der Platz in der Schulter oft nicht mehr
aus. Dann können Sehnen, Schleimbeutel oder andere Strukturen eingeklemmt oder
ungewollter Reibung ausgesetzt werden. Das zeigt wie wichtig eine gute Haltung
für die Gesundheit der Schulter ist.
Bevor
man mit einem Athleten arbeitet, muss man also zunächst immer dessen aktuellen
Stand ermitteln, um im Training auf die persönlichen Besonderheiten jedes
Sportlers eingehen zu können.
Eine
generelle Trainingsempfehlung, die für alle Athleten zutrifft, kann es daher
nicht geben.
Trotzdem
lassen sich einige allgemeine Empfehlungen geben, die auf die meisten
Wurfsportler zutreffen. Diese behandle ich im zweiten Teil dieses Artikels.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen