Dienstag, 4. Oktober 2011

Functional Food

Die Lebensmittelindustrie hat einen neuen Markt für sich entdeckt. Joghurt, der mit probiotischen Milchsäurebakterien die Abwährkräfte stärkt, Margarine, die den Cholesterinspiegel senkt, und viele weitere Produkte werben mit einem Zusatznutzen oder zugesetzten Inhaltsstoffen, die die Gesundheit fördern sollen. Natürlich zu einem deutlich höheren Preis als die Standardprodukte. Und schaut man sich die Verkaufsstatistiken an, springt der Verbraucher gut darauf an. So haben die probiotischen Varianten bei Joghurts bereits einen Marktanteil von ca. 17 %. Doch haben diese Produkte tatsächlich einen Gesundheitsnutzen für uns Verbraucher oder sind sie nur ein schlauer Marketingschachzug der Lebensmittelindustrie? Sind sie vielleicht am Ende sogar schädlich?

Schauen wir uns einige Arten von Functional Food etwas genauer an.


Pro-/Prebiotika

Der Klassiker unter den Functional Food Produkten. Enthalten in speziellen probiotischen Drinks oder Joghurts sollen die Pro- und Prebiotika die Darmflora in Ordnung bringen und für stärkere Abwehrkräfte sorgen.
Der Unterschied zwischen Pro- und Prebiotischen Produkten ist dabei, dass den probiotischen Produkten direkt Bakterien zugesetzt werden, die sich in der Darmflora ansiedeln sollen, während Prebiotika Inhaltsstoffe enthalten, welche die bereits vorhandenen Bakterien im Darm fördern sollen.
Eine Stärkung der Abwehrkräfte durch diese Produkte ist jedoch nicht nachweisbar. Ein positiver Effekt auf die Verdauung und die Darmflora durch Milchsäurebakterien ist allerdings belegt. Doch auch normaler Joghurt oder Buttermilch enthalten Milchsäurebakterien, die eine gesunde Darmflora unterstützen können. Ob pro-/prebiotische Lebensmittel also einen Vorteil gegenüber ihren herkömmlichen Vertretern bieten, darf zumindest stark bezweifelt werden. Fest steht bisher zumindest eines. Die probiotischen Varianten kosten, im Vergleich zu normalen Milchprodukten, unverhältnismäßig mehr.

Bioaktive Pflanzenstoffe

Sie sind z. B. in cholesterinsenkender Margarine enthalten. In diesem Fall handelt es sich um pflanzliche Sterine (Phytosterine), die die Aufnahme von Cholesterin verringern sollen, indem sie Nahrungscholesterin binden. Die cholesterinsenkende Wirkung für diese Produkte ist auch in Studien nachgewiesen. Problematisch wird es allerdings, wenn auch gesunde Menschen ohne erhöhte Cholesterinspiegel diese Margarine aus prophylaktischen Gründen essen. Es würde wohl auch niemand auf die Idee kommen einfach mal vorbeugend cholesterinsenkende Medikamente zu schlucken. Ein weiteres Problem besteht bei der Dosierung. Bekommt man ein Medikament gegen einen zu hohen Cholesterinspiegel verschrieben, erhält man dazu die genaue Einnahmeempfehlung. Diese gibt es bei der Margarine nicht. Die Einnahme schwankt daher täglich, je nachdem wie viel Margarine am Tag gegessen wird. Somit weiß der Verbraucher nie genau, welche Menge an Wirkstoffen er mit der Margarine aufnimmt. Werden zusätzlich dazu noch cholesterinsenkende Medikamente eingenommen, kann es auch hier zu Dosierungsproblemen kommen.
Richtig interessant wird es allerdings, wenn in den nächsten Jahren weitere Lebensmittel mit Medikament-Eigenschaften auf den Markt kommen. Hier noch den Überblick zu behalten, welche Mengen von welchem Medikament man gerade einnimmt, ist praktisch unmöglich. Somit nehmen die Menschen dann einen völlig unüberschaubaren Medikamentencocktail zu sich, in der Hoffnung etwas Gutes für ihre Gesundheit zu tun.

Vitamine und Mineralstoffe

Zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe finden sich inzwischen in fast allen Produktkategorien und sind bereits so etabliert, dass kaum noch ein Verbraucher diese beim Kauf bewusst wahrnimmt. Besonders häufig als Zusatzstoff in Nahrungsmitteln zu finden ist Vitamin C. Anders als oft in der Werbung dargestellt, gibt es allerdings keine Unterversorgung mit Vitamin C in Deutschland. Eine höhere Zufuhr als vom Körper eigentlich benötigt, wird einfach wieder ausgeschieden und kann in manchen Fällen sogar Nebenwirkungen wie Durchfall auslösen.
Während bei Vitamin C das Motto „Viel hilft viel!“ im Normalfall keine größeren Auswirkungen hat, kann dies bei den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K ganz anders aussehen. Zuviel aufgenommene Vitamine dieser Kategorie werden vom Körper nämlich nicht wieder ausgeschieden, sondern eingelagert und sammeln sich über die Zeit im Körper an. Somit kann eine Überdosierung auf Dauer schwere gesundheitliche Nebenwirkungen mit sich bringen. Durch den Verzehr von Lebensmitteln, die von Natur aus vitaminreich sind, ist eine Überdosierung übrigens kaum möglich. Wer sich gesund und ausgewogen ernährt, hat im Normalfall auch keinen Bedarf an zugesetzten Vitaminen und Mineralstoffen und kann auf diese problemlos verzichten.
Viele Inhaltsstoffe entfalten erst im Zusammenspiel mit anderen Stoffen ihre volle positive Wirkung. Natürliche Lebensmittel enthalten eine Vielzahl an Inhaltsstoffen, die sich gegenseitig beeinflussen. Da diese Zusammenhänge jedoch noch lange nicht ausreichend erforscht sind, können sie bisher nicht künstlich nachgeahmt werden. In Nahrungsmitteln werden daher nur einzelne isolierte Inhaltsstoffe zugesetzt. Diese haben alleine nie die gleiche Wirkkraft, wie in ihrer natürlichen Erscheinungsform. Auch sind diese isolierten Inhaltsstoffe vom Körper schwerer aufzunehmen. So kann der Körper z. B. künstlich zugesetztes Eisen kaum verwerten und scheidet es fast komplett wieder aus.

Fazit

Grundsätzlich sollte man bei allen zugesetzten Inhaltsstoffen kritisch sein. In verschiedenen Studien sind zwar durchaus positive Effekte durch einzelne Zusatzstoffe nachgewiesen. Bei einer ausgewogenen Ernährung sind sie jedoch nicht nötig für unsere Gesundheit. Lebensmittel, in denen die Inhaltsstoffe von Natur aus enthalten sind, sind Nahrungsmittel mit künstlichen Zusätzen jederzeit vorzuziehen.
Auch bei Nahrungsmitteln, die aktiv auf Gesundheitsprobleme einwirken, sollte Vorsicht gelten. Benötigt jemand Medikamente, so sollte er sich diese in der Apotheke besorgen und nicht via Selbstmedikation im Supermarkt.
Bei aller Unsicherheit und nicht bewiesener Gesundheitsversprechen steht jedoch eines zweifelsfrei fest: Der vermeintliche Gesundheitsnutzen wird dem Verbraucher teuer verkauft. Profitieren kann also in erster Linie die Lebensmittelindustrie. Mit geschicktem Marketing haben sie eine gute Möglichkeit zur Gewinnmaximierung gefunden.

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