Was ist das Erste, was ihr bei einer Verletzung tut? Die Chance ist groß, dass ihr erstmal Pause macht und die Verletzung kühlt. Nicht nur im Alltag, sondern auch im Leistungssport sieht man dieses Vorgehen immer wieder. Schließlich ist die PECH-Regel ja auch die Standardempfehlung bei Verletzungen. Die PECH-Regel wurde 1978 von Dr. Gabe Mirkin veröffentlicht (im englischen RICE Protocol). PECH steht dabei für: Pause – Eis – Compression und Hochlegen. Aber ist die PECH-Regel tatsächlich die beste Reaktion auf eine Verletzung, nur weil sie immer wieder empfohlen wird? Manchmal werden Dinge einfach so oft wiederholt, dass wir gar nicht mehr darüber nachdenken ob sie tatsächlich richtig sind. Die PECH-Regel gehört für mich dazu.
Interessant
dabei ist, dass inzwischen der „PECH-Regel-Erfinder“ Dr. Mirkin sagt, dass
dieses Vorgehen die Heilung eher verzögert, als dass sie sie unterstützt.
Trotzdem wird die PECH-Regel nach wie vor empfohlen und bei Verletzungen angewendet.
Ich
selbst habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass eine Verletzung bei mir
deutlich schneller heilt, je mehr ich die betroffene Stelle bewege. Im Gegenzug
wurden die Schwellung und auch der Schmerz durch die Ruhe über Nacht meist schlimmer.
Erst nachdem ich die Stelle am Morgen einige Zeit bewegt hatte, hat sich wieder
eine Verbesserung eingestellt. Die gleiche Erfahrung haben sicher viele von
euch auch schon einmal gemacht.
Aber
warum funktioniert dieses intuitive Verhalten scheinbar besser als die
allgemeingültige Empfehlung der PECH Regel?
Dafür
schauen wir uns kurz einmal an, wie der Körper auf eine Verletzung reagiert. Die
Heilung einer Verletzung passiert in drei Phasen:
Entzündungsphase
– Proliferationsphase - Remodelierungsphase
Alle
drei dieser Phasen sind notwendig. Für uns ist in diesem Zusammenhang aber die
Entzündungsphase entscheidend. Diese beginnt in dem Moment, in dem eine Verletzung
passiert. Der Körper stößt damit die Wundheilung an. Das Immunsystem arbeitet
dagegen an, dass an der Verletzungsstelle eine Infektion passiert und beginnt gleichzeitig
damit, zerstörtes Zellgewebe abzubauen. Das ist notwendig bevor mit der
Reparatur des Gewebes begonnen werden kann.
Wenn
wir die verletzte Stelle jetzt ruhigstellen und kühlen, wird der Lymphfluss gestört.
Dadurch unterbinden wir einerseits den Abtransport von kaputten Zellen von der
Wundstelle weg, andererseits verhindern wir aber auch, dass die Stelle mit frischer
nährstoffreicher Flüssigkeit versorgt wird. Diese ist aber notwendig, um die zerstörten
Strukturen zu reparieren. Das Ziel mag zwar sein, die Schwellung zu verhindern,
das Einzige was dabei allerdings passiert ist, dass der Heilungsprozess
verzögert wird. Den einzigen positiven Effekt den Eis in dieser Situation haben
kann, ist es die Schmerzen zu reduzieren. Sobald wir das Eis wegnehmen, weiten
sich die Gefäße wieder und die Schwellung tritt trotzdem oder vielleicht sogar
noch stärker auf, wenn es einen Lymphrückfluss gibt. Das letzte was wir bei
einer Verletzung also wollen, ist es einen Stau im Gewebe zu erzeugen. Auch der
Versuch die Entzündung zu unterbinden macht wenig Sinn. Der Körper weiß sehr
gut was er tut. Die Entzündung hat eine notwendige Funktion und spielt eine wichtige
Rolle bei der Heilung. Ohne Entzündung keine Heilung!
Ziel
muss es viel eher sein, die Verstopfung im Gewebe und damit auch die Schwellung
so schnell wie möglich abzubauen. Guter Lymphfluss ist wie gesagt dafür notwendig,
Nährstoffe zur verletzten Stelle zu bringen und Abfallstoffe und die Schwellung
abzubauen. Der Lymphfluss ist aber ein passives System, dass durch
Muskelkontraktion angetrieben wird. Es funktioniert also am besten, je mehr wir
uns bewegen. Daher gilt für mich der Grundsatz:
So
viel Bewegung wie möglich, so wenig Pause wie nötig!
Das
heißt nicht, dass wir jetzt einfach durch den Schmerz weitermachen oder die
betroffene Stelle zu früh wieder schwer belasten sollen. Vielmehr geht es darum,
die Stelle und die umliegende Muskulatur so viel wie möglich kontrolliert und im
schmerzfreien Bereich zu bewegen. Wenn durch die Art der Verletzung eine aktive
Bewegung nicht möglich ist, kann auch ein Gerät zur elektrischen Stimulation
der Muskeln die Heilung unterstützen. Durch die ermüdungsfreien Muskelkontraktionen
wird der Lymphfluss unterstützt und der Abbau der Schwellung beschleunigt. Das
reduziert den Schmerz und sorgt dafür, dass wir möglichst schnell in die
nächsten Heilungsphasen kommen können.
Meiner
Meinung nach, ist es also an der Zeit, die Empfehlung Pause und Eis bei
Verletzungen hinter uns zu lassen und stattdessen lieber Bewegung zu empfehlen.
Wenn
ihr mehr über das Thema wissen wollt, dann empfehle euch als Einstieg das Buch:
„ICED – The Illusionary Treatment Option“ von Gary Reinl. Hier wird das Thema
nochmal deutlich ausführlicher behandelt.
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