Freitag, 27. November 2020

Verschwende deine Zeit nicht beim Warmup

Das Aufwärmen vor dem Krafttraining ist für viele nicht viel mehr als ein notwendiges Übel. Schließlich ist man ja gekommen um schwere Gewichte zu bewegen. Deswegen ist es wohl auch einer der am meisten vernachlässigten Bereiche im Training. Ein paar Minuten auf einem Cardiogerät und dann noch ein bis zwei Warmupsätze bevor es in die erste Übung geht, sehen viele Trainierende als ausreichende Vorbereitung für das Training an. Wenn ihr auch zu diesen Menschen gehört, dann verschenkt ihr viel Potential. Anstatt 15 Minuten auf einem Cardiogerät zu „verschwenden“ um sich aufzuwärmen, lässt sich in der gleichen Zeit ein Warmup durchführen, dass deutlich effizienter ist.



Ein gutes Warmup erfüllt gleich mehrere Zwecke. Wir wollen die Körperkerntemperatur erhöhen und das Herz-Kreislauf-System in Schwung bringen. Diese beiden Punkte lassen sich natürlich mit einem Cardiogerät erzielen, passieren aber ganz automatisch auch bei jeder anderen halbwegs anstrengenden Bewegung. Wir wollen aber genauso die Muskulatur, die Gelenke und das Nervensystem auf die anstehende Belastung und die Bewegungsabläufe vorbereiten um eine bestmögliche Leistungsfähigkeit sicherzustellen und das Verletzungsrisiko zu minimieren. Eine feste Warmuproutine dient schlussendlich auch zur mentalen Vorbereitung auf das Training, um vom Alltagsstress abzuschalten und einen guten Fokus auf das Training zu finden.

 

Ich unterteile das Warmup in mehrere Bereiche:

-       Softtissue Work

-       Mobilisieren

-       Aktivieren

-       Movement Skills/Spezifisches Warmup

 

Diese Punkte sind nicht klar voneinander abgetrennt. Die Kategorien gehen teilweise fließend ineinander über oder einzelne Übungen können auch mehrere Zwecke gleichzeitig erfüllen. Unser Ziel ist es schließlich uns so effizient wie möglich aufzuwärmen.

Softtissue Work:

Ich beginne meine Trainingseinheiten mit Softtissue Work oder einfacher gesagt dem Ausrollen der Muskulatur mit dem Foamroller, dem Massagestick oder einem Lacrosseball. Es ist sozusagen die Vorbereitung für das eigentliche Warmup.

Über die genaue Wirkweise von Soft Tissue Work oder auch Self Myofascial Release genannt lässt sich sicher streiten. Dass es funktioniert, hat die Erfahrung der letzten zehn Jahre allerdings gezeigt. Das Ausrollen dient dazu, Verspannungen in der Muskulatur zu lösen und die Mobilität zu verbessern. Langfristig sorgt das Ausrollen dafür, die Qualität des Gewebes zu verbessern bzw. zu erhalten. Im Profisport übernimmt diese Aufgabe ein Physiotherapeut. Da diese Möglichkeit in der Regel für uns nicht besteht, sind Foamroller und andere Soft-Tissue-Tools eine einfache und kostengünstige Alternative.

Langes Ausrollen senkt den Muskeltonus. Da wir mit dem Warmup eigentlich genau das Gegenteil bewirken wollen, gilt es die minimal effektive Dosis zu finden, um den bestmöglichen Effekt zu erreichen. Als Anhaltspunkt rollen wir in der Regel für 10 – 12 Wiederholungen oder für ca. 20 Sekunden.

Dabei ist es nicht notwendig jeden Teil des Körpers jedes Mal auszurollen. Das Ausrollen sollte in der Regel nicht länger als 5 Minuten dauern. Wir konzentrieren uns auf die Muskeln/Sehnen, die tatsächlich „tight“ sind. Das kann individuell sehr unterschiedlich sein. Jeder Athlet bekommt in der Regel sehr schnell die notwendige Erfahrung, welche Stellen für ihn den größten Effekt haben.

Wie genau ich einen Foamroller benutze sehr ihr im folgenden Video:

 

Mobilisieren:

Im zweiten Schritt geht es nun darum, den Körper zu mobilisieren, um die volle Bewegungsfähigkeit aller benötigten Gelenke herzustellen.

Die Zeiten, in denen vor der Belastung noch ausgiebig passiv, statisch gedehnt wurde, sind lange vorbei. Man weiß inzwischen, dass hierdurch der Muskeltonus gesenkt wird und die Leistungsfähigkeit eher verringert als gesteigert wird. Ebenfalls erhöht langes statisches Dehnen vor der Belastung das Verletzungsrisiko.

Stattdessen benutzen wir aktive, dynamische Dehnübungen, in denen die Gelenke ebenfalls durch ihr volles Bewegungsausmaß geführt werden. Die Muskulatur wird hierbei gleichzeitig gedehnt, während sie kontrahieren muss, um Bewegung zu erzeugen und um die Gelenke zu stabilisieren.

Besonderes Augenmerk beim Mobilisieren liegt für uns auf Fußgelenken, Hüfte und Brustwirbelsäule. Dies sind in der Regel die limitierenden Faktoren bei den meisten Athleten. Nur wenn diese Gelenke ausreichend beweglich sind, kann der restliche Körper effizient arbeiten. Beim Mobilisieren versuchen wir den Körper durch alle später verwendeten Bewegungsrichtungen zu führen.

 

Aktivieren:

Nachdem wir den Körper mobilisiert haben, wollen wir als nächstes den Muskeltonus erhöhen und das Zentrale Nervensystem (ZNS) in den „Fight or Flight Modus“ bringen, um bereit für schnelle, kräftige Muskelkontraktionen zu sein. Das ZNS wird durch schnelle und koordinativ anspruchsvolle Übungen aktiviert. Sprints, Sprünge, Hops sowie Übungen, in denen die Bewegung verschiedener Körperteile gleichzeitig koordiniert werden müssen funktionieren hier sehr gut. Seilspringen in verschiedenen Varianten ist z. B. eine gute Möglichkeit.

Auch über die Atmung können wir direkt Einfluss auf das ZNS nehmen. Deswegen benutze ich auch immer wieder einzelne Atemübungen im Warmup, um das ZNS zu aktivieren.

 

Zum Aktivieren zähle ich außerdem auch die Rumpfaktivierung. Der Rumpf ist die Basis für jegliche Bewegung. Ohne eine stabile Basis ist keine effiziente Bewegung der Extremitäten möglich. So gibt es im Körper einen Feed Forward Mechanismus, der jedes Mal bevor wir Arme oder Beine bewegen automatisch den Rumpf anspannt, um einen stabilen Fixpunkt zu haben. Die Aufgabe des Rumpfes ist es außerdem eine stabile Verbindung zwischen Unter- und Oberkörper zu bilden, um Energie ohne Verluste durchleiten zu können.

 

Movementskills/Spezifisches Warmup:

Am Ende unseres Warmups bereiten wir uns nun ganz spezifisch auf die anstehende Belastung vor. Im Krafttraining wären das jetzt z. B. die Warmupsätze für die erste Übung.


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